2019-11-01 STN Betreuungsvereine

Die LIGA Thüringen stimmt dem Vorhaben, im Wege einer Änderung der Thüringer Verordnung über die Anerkennung und Förderung von Betreuungsvereinen die Beträge zur Förderung der Querschnittsarbeit anzupassen, im Grundsatz zu, hält jedoch die vorgeschlagenen Erhöhungsbeträge nicht für ausreichend, um den Betreuungsvereinen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Erfüllung der ihnen gestellten Querschnittsaufgaben in der erforderlichen Qualität und Quantität zu ermöglichen.

 

Begründung:

Die Landes-Fördermittel für die Erfüllung der Querschnittsaufgaben wurden seit Juli 2011 nicht mehr angepasst. Insoweit stellt die nunmehr vorgesehene Neuregelung allenfalls einen Ausgleich für die in den letzten acht Jahren stattgefundene allgemeine Erhöhung der (insbesondere Personal-) Kosten dar, trägt jedoch der zunehmenden Verantwortung der Betreuungsvereine für die Erfüllung der Querschnittsaufgaben nicht Rechnung.

Das bisher vorhandene System der Finanzierung von Querschnittsaufgaben laut der Thüringer Verordnung über die Anerkennung und Förderung von Betreuungsvereinen vom 13.07.2011 führt dazu, dass Querschnittsaufgaben nur noch in einem reduzierten Umfang realisiert werden, wie dies zur Erlangung der Basisförderung unabdingbar notwendig ist. Die Erfüllung von Querschnittsaufgaben über diese Maß hinaus stellt sich für die Vereine als unrentabel dar und muss daher unter wirtschaftlichen Aspekten unterbleiben, weil alle über die Mindestanforderungen hinaus gehenden Maßnahmen nur unzulänglich gefördert werden.

Mit der Einführung des Betreuungsrechtes im Jahr 1992 wurde der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung vor dem Tätigwerden von Berufsbetreuern statuiert. Die Betreuungspraxis entfernt sich jedoch immer weiter von diesem Grundsatz. Der Anteil von ehrenamtlichen Betreuungen, geführt von Familienangehörigen oder freiwillig Engagierten, nimmt erheblich ab. Dagegen steigt der Anteil der Berufsbetreuer. Der Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung kann jedoch nur realisiert werden, wenn den ehrenamtlichen Betreuern eine fachkompetente und strukturell gut organisierte Unterstützung angeboten werden kann.

Die – gesellschaftspolitisch angestrebte, weil betreuungsvermeidende - stärkere Verbreitung der Errichtung von Vorsorgevollmachten führt zu einem zusätzlichen Informationsbedarf, denn ehrenamtliche Vorsorgebevollmächtigte bedürfen in gleichem Maße der Beratung und Unterstützung für die Erledigung ihrer Aufgaben, wie ehrenamtliche Betreuer.

Als besonders problematisch ist deshalb einzuschätzen, dass individuelle Beratungsgespräche, die insbesondere zur Thematik der Erstellung von Vorsorgevollmachten in immer größerem Umfang erforderlich werden, aus der Förderung vollständig ausgeklammert sind. Hier ist eine grundsätzliche Neuausrichtung der Fördergrundsätze dringend geboten.

Sowohl in Bezug auf ehrenamtliche Betreuungen als auch hinsichtlich der Vorsorgevollmachten werden sich die Herausforderungen, denen das Betreuungswesen gegenübersteht, auf Grund des demographischen Wandels nachhaltig vergrößern.

Die Betreuungsvereine der Freien Wohlfahrtspflege können jedoch die dringend benötigte professionelle Unterstützung in beiden Bereichen nur leisten, wenn diese Maßnahmen auskömmlich gefördert werden.

In § 4 Abs. 2 ThürAGBtG ist Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte verbindlich verankert, den anerkannten Betreuungsvereinen Zuwendungen in Höhe der Landesförderung zu gewähren.

Tatsächlich beteiligen sich viele Landkreise und kreisfreie Städte an der Förderung der Betreuungsvereine nur mit geringen Beträgen bzw. mit abnehmender Tendenz. So wurde zum Beispiel durch die Stadt Erfurt bis 2016 auf Grundlage einer Leistungsvereinbarung eine Summe von 18.000,00 € p.a. für Querschnittsaufgaben an Betreuungsvereine gezahlt, ab 2017 wurde dieser Betrag halbiert. Viele Landkreise und kreisfreie Städte fördern die Querschnittsarbeit der Betreuungsvereine gesetzeswidrig überhaupt nicht. In diesem Fall fehlen den Betreuungsvereinen 50 % der zur Erfüllung der Querschnittsaufgaben benötigten finanziellen Mittel.

Im Ergebnis sind viele Betreuungsvereine in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht und können zum Teil ihren laufenden Geschäftsbetrieb nur durch die Inanspruchnahme aus der Vergangenheit resultierender finanzieller Rücklagen aufrechterhalten.

Auf diese Weise ist es jedoch nicht möglich, den Unterstützungsbedarf der ehrenamtlichen Betreuer und Bevollmächtigten auch nur im Ansatz zu decken und weitere ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen. Der rückläufige Anteil ehrenamtlicher Betreuungen macht dies sehr deutlich.

Die aktuell vorgesehene Anpassung der Beträge zur Förderung der Querschnittsarbeit ist jedenfalls nicht auseichend, um der dargestellten Entwicklung im Betreuungswesen nachhaltig entgegenzuwirken.

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